Stolz und Vorurteil 2005

Special Screening in Hamburg


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Ganz unverhofft und sehr kurzfristig ergab sich für Kerstin und mich die Möglichkeit am 25. Juli 2005 in Hamburg bei einem Special Screening von P&P 2005 mit Keira Knightley und Matthew MacFadyen dabei zu sein. Daher habt Ihr bei uns die Möglichkeit, schon vor dem Kinostart in drei Monaten die ersten deutschsprachigen Kritiken zu lesen.

Als besonderes Extra war Keira Knightley zu dem meines Wissens ersten Screening des Filmes in Deutschland nach Hamburg gekommen. Und sie hat bei ihrem leider nur halbstündigen Live-Interview meine gute Meinung von ihr bestätigt, ein Star ohne Starallüren. Und sie hat bekannt, dass sie, seit sie 7Jahre alt war, ein Jane Austen Fan ist. Ihre Puppenhäuser hießen Longbourne und Pemberley und ihre Puppen Lizzy, Mr. Darcy und Co.

Doch nun zum Film an sich. Die erste positive Überraschung war, dass der Film in Originalsprache und mit deutschen Untertiteln gezeigt wurde. Für mich inzwischen die bevorzugte Art Jane Austen Verfilmungen zu sehen. Diejenigen, die unser Board regelmäßig besuchen, erinnern sich vielleicht: Ich war sehr skeptisch gegenüber dieser Verfilmung. Von vornherein gegenüber Matthew MacFadyen als Mr. Darcy und nach den ersten Trailern gegenüber den Verkürzungen und Vereinfachungen in den Dialogen. Doch um die Katze aus dem Sack zu lassen: Keines meiner Vorurteile hat sich bestätigt. Matthew MacFadyen ist ein ganz fantastischer Mr. Darcy und die Trailer waren tatsächlich etwas unglücklich geschnitten.

Zu den Details. Die Crew ist komplett sehr gut besetzt. Herausragend fand ich Keira Knightley und Matthew MacFadyen. Aber auch Rosamunde Pike hat mich als Jane überzeugt, mehr sogar als Susannah Harker (P&P 1995). Auch Donald Sutherlands Mr. Bennet soll hier besonders erwähnt werden. Die einzigen Ausnahmen bilden dabei vielleicht Col. Fitzwilliam, der schon sehr bieder daherkommt und Mr. Collins. Zum ersten ist aber zu sagen, dass seine Rolle sehr untergeordnet ist. Und Mr. Collins ist in meiner Vorstellung ein großer, dicker, tapsiger und immer etwas schweißglänzender Herr. Diese meine Vorstellung bedienen die bisherigen Mr. Collins perfekt, Tom Hollander aber nicht, da er klein und eher dünn ist. Aber das ist, wie gesagt, meine ganz persönliche Vorstellung von Mr. Collins, die sicher nicht jeder teilt.

Klar war auch, dass der Film vereinfachen und kürzen muss, schon einfach wegen des Kinoformates. Aber diese Kürzungen sind sehr behutsam gemacht worden. Natürlich hat man einiges auch geglättet, um es hollywoodtauglicher zu machen, aber auch dies mit Augenmaß. Jane Austen Puristen mögen vielleicht über die eine oder andere romantische Szene die Nase rümpfen, aber ich denke die Mehrzahl der Janeiten werden damit leben können. Und es macht den Film auch sehr gut ansehbar für ein Publikum, dass bis zu diesem Zeitpunkt noch gar keinen Kontakt zu Jane Austen hatte.

Abschließend möchte ich erwähnen, dass es einmal zwischendurch Szenenapplaus und viele Lacher gab. Auch zum Schluss gab es wohlwollenden Applaus, von einem Publikum, dass sehr gemischt war und sicher nicht unbedingt aus der Jane Austen Fangemeinde stammte.

Das Schlimmste ist für mich, dass ich auf eine Wiedersehen mit Lizzy, Darcy, Jane und Co. nun drei lange Monate warten muss und sicher noch weitere drei oder vier Monate, bis ich die DVD in den Händen halten darf. Und dann wird es nicht dasselbe sein, wie die Originalfassung auf einer Großbildleinwand.
(von Sonja, 26.Juli 2005)


Hier nun die zweite Kritik derjenigen, die sich niemals erträumt hat, sowas mal zu erleben. Genau wie Sonja war ich auch vollkommen überrascht, als uns am Mittwoch die Einladung von UIP erreichte, man bedenke, wir hatten eigentlich nur angefragt, wann der Film in Deutschland anläuft und bekamen dann schon einfach Bilder und die Kurzangabe geschickt, was wir schon für sehr zuvorkommend hielten. Und nun bekamen wir die Gelegenheit, drei Monate vor dem offiziellen Start den Film zu sehen, auf den die Austenfans so sehnsüchtig warten!
Und ich gestehe, so als großer Fan der Verfilmung von 1995 und der empfundenen Enttäuschung, als ich dann Mansfield Park sah, war ich sehr skeptisch.
Es dauerte vielleicht fünf Minuten, da war meine Skepsis verflogen. Es ist eine wirklich gelungene Verfilmung, sie haben nicht bei der BBC abgekupfert, es ist keine merkwürdige Verkürzung wie bei der Version von 1940 und auch keine abweichende Interpretation wie Mansfield Park.

Es wurde gekürzt, einige Figuren fehlen, so sind die Hursts nicht vorhanden, aber man vermißt sie auch nicht. Die Geschichte wurde gestrafft, aber nicht so, dass wichtige Szenen verloren gegangen wären. Die Dialoge sind oft reine Buchzitate und die Figuren haben alle ihre Charakter behalten.
Die Dosis an Kitsch und Humor ist gut gewählt und wirkt weder zu süß noch zu albern. Es sind einige "Gags" eingebaut, die keineswegs peinlich sind.

Nun zu den einzelnen Figuren:
Ich mochte Keira Knightley schon vor dem Film, jetzt ist mein Respekt eindeutig gewachsen. Sie ist eine sehr gute Lizzy, lebhaft, sportlich und mit spitzer Zunge. Ihre Lizzy wirkt jünger und moderner als die Lizzy von Jennifer Ehle, ohne aber den Charakter der Romanfigut aufzugeben. Ihr Gefühlsleben bringt sie in Mimik und Gestik gut rüber und man nimmt ihr die Rolle ab.

Ich muß mich hier mal offiziell bei Matthew MacFayden entschuldigen, mir war seine Wahl als Darcy anfangs ja sehr suspekt. Er hat meine Vorurteile widerlegt, er ist ein sehr guter Darcy, ebenfalls komplett anders als Colin Firth. Seine Darstellung des stolzen Darcys, der dem Zauber der "fine eyes" verfällt und dann erst durch die Ablehnung wächst, ist überzeugend.

Die schon erwähnte Jane ist wirklich entzückend. Meines Erachtens ist sie der Romanfigur am ähnlichsten. Ihr Pendant Mr. Bingley wirkt wirklich nur im Trailer so leicht "beschränkt", im Film ist er einfach ein netter Junge, sehr schüchtern und sehr schnell bis über beide Ohren in Jane verliebt, was ihn noch unsicherer macht.

Die Bennets sind durch Donald Sutherland und Brenda Blethyn treffend dargestellt. Sie ist ein wenig "prollig", aber stets auf das Wohl ihrer Töchter bedacht. Als Lizzy den Antrag von Mr. Collins ablehnt, gibt sie deutlich die Gründe an, warum das so schlimm für die Familie ist. Für Zuschauer, die jetzt nicht den Roman und die Zeit kennen, eine sehr gute Idee.
Mr. Bennet ist nicht so scharf sarkastisch, sondern eher ein Mann, der sich mit den Schrullen seiner Frau arrangiert hat und nur gelegentlich als Kontrast seine spöttischen Bemerkungen macht. Leicht verschroben, aber mit viel Charme. Dem Publikum gefiel besonders die Szene, als Lizzy Mr. Collins Antrag ablehnt und er seine störrische Tochter überreden soll, den Antrag doch anzunehmen. Sie soll sich ja entscheiden, welcher Elternteil von nun an nicht mehr mit ihr reden soll. Das gab Szenenapplaus... und nur, weil er Jane Austens Worte zitierte!

Die anderen Schwestern sind gut besetzt, Mary ist dieses Mal sogar richtig hübsch und nicht so eine Karikatur wie bisher. Allerdings liest sie noch immer zu viel. Lydia und Kitty sind wirkliche Teenies, kichernd, albern, ungestüm und ständig redend. Und kaum gehts um Männer, sind sie nicht mehr zu halten.

Der Wickham-Darsteller ist tatsächlich attraktiv. Man kann verstehen, dass er mit seinen blauen Augen und den Grübchen den Damen den Kopf verdreht. Sein Part ist allerdings eher klein.

Mir gefiel Tom Hollander als Mr. Collins recht gut, er ist pompös und ein kleiner Gernegroß.
Charlotte Lukas ist wirklich kein hübsches Mädchen, aber mit Charme und sie erklärt deutlich, warum sie eine Ehe mit Mr. Collins als vorteilhaft empfindet.

Eigentlich konnte ich bei den Schauspielern keinen finden, den ich als unpassend empfand, auch wenn Colonel Fitzwilliam eher gemütlich daherkam.

Die Ausstattung ist sehr interessant, die Unterschiede in den Häusern sind extrem, die Bennets wohnen sehr einfach, die Räume sind klein und ein wenig heruntergekommen, Lizzy und Jane teilen sich ein Bett.
Pemberley und Rosings sieht man den Reichtum schon von Weitem an, reich ausgestattet mit Kunstwerken und einer tollen Parklandschaft.

Die Kostüme schwanken zwischen "Englischer Mode" und Empire, beim ersten Ball sieht man deutlich, dass hier auch unmoderne Kleidung aufgetragen wurde. Insgesamt sind die Kostüme eher schlicht, was jedoch nicht unbedingt negativ auffällt. Für Kostümfans ist diese Verfilmung vielleicht eher uninteressant.

Das Rätsel im Trailer, wen Darcy da so innig herzt, während Lizzy ihn beobachtet, wird geklärt. Auch die Szenen und Zitate, die im Trailer noch zu Empörung und Irritationen geführt haben, werden aufgelöst, es ist alles so, wie es sich gehört.

Die einzige Szene, die wirklich an die Version von 1995 erinnerte, ist der Tanz von Lizzy und Darcy. Der Anfang könnte glatt eine Kopie sein, wird aber ganz anders aufgelöst.

Die Musik ist gut gewählt, sehr viel Klavier und ein wenig an die von S&S mit Emma Thompson erinnernd.

Ich könnte wirklich noch viel mehr über den Film erzählen, meine Begeisterung ist kaum in Worte zu fassen. Aber erstens will ich euch ja nicht die Freude nehmen, wenn ihr ab dem 20. Oktober auch endlich sehen dürft, war wir schon gesehen haben und zweitens ist eine zu lange Kritik doch ähnlich ermüdend wie eine Predigt von Mr. Collins...

Ausgekostet haben wir ihn bis zur allerletzten Sekunde und hätten ihn gerne direkt noch mal gesehen! Die Vorstellung, ihn jetzt erst wieder in drei Monaten sehen zu dürfen, ist schon sehr hart.

Dem Publikum gefiel er eindeutig auch, es gab Applaus während und nach dem Film und ich denke, mit dieser Verfilmung werden wieder einige zu Jane Austen Fans werden!

Und nun noch ein Wort zu Keira Knightley, wie gesagt, ich mochte sie schon vor diesem Film. Ihr Auftritt war reizend, ihre Art ist ungekünstelt und sie hat eindeutig Humor. Ich hoffe, sie wird der Filmwelt noch lange erhalten bleiben!

Insgesamt war das ein Erlebnis, von dem ich wirklich noch lange zehren werde. Einmalig und kaum zu überbieten!
(von Kerstin, 26. Juli 2005)


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