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"Every dam' thing about Jane is remarkable to a pukka Janeite!" - Rudyard Kipling

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4. Group Read: Mansfield Park

Seiten 4 off 7 Seiten: 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7
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MierschB
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Geschrieben Freitag, September 23, 2005 @ 23:09:22  

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Erstellt von Hazel
Nein, weiß ich nicht mehr. Ich war ja auch noch ein unbedarfter Jane-Austen-Erforscher.

Hallo Hazel,

na ja, das glaub ich jetzt aber nicht... "unbedarft" nee... Mönsch, ist das schon solange her? Hier ist der Link zur Erinnerung...

Bruki

PS: Ich bin heute auf Seite 38 der Übersetzung angekommen (2 Seiten fehlen noch...)

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"There’s no one to touch Jane when you’re in a tight place. Gawd bless ’er, whoever she was."
(Rudyard Kipling, The Janeites)

MierschB
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Geschrieben Sonntag, September 25, 2005 @ 11:59:35  

Hallo, noch irgendjemand am Leben?

Ich hab auch mal eine kühne These anzubieten: "Jane Austen kennzeichnet in MP den Charakter einer Person durch die Art wie sie zu den familiären Bindungen steht."

Bruki

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MierschB
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Geschrieben Sonntag, September 25, 2005 @ 16:51:19  

Hallo Julia,

Ich komme noch einmal auf Mary Wollstonecraft zurück: Ich habe inzwischen doch eine Beziehung zwischen Jane Austen und Mary Wollstonecraft gefunden, jedoch nur eine mittelbare... Die Autorin des Theaterstücks „Lovers’ Vows“, welches die jungen Leute in MP aufführen wollen, ist Elizabeth Inchbald, die das Stück nach „Das Kind der Liebe“ von August Kotzebue adaptierte... Diese Elizabeth Inchbald wiederum war mit William Godwin verbandelt und damit Marys Hauptrivalin in der Liebe zu Godwin. Nachdem Godwin und Wollstonecraft geheiratet hatten, löste Elizabeth Inchbald die Beziehung zu den beiden auf (lt. Claire Tomalins Wollstonecraft-Biografie).

The Oxford Companion: Inchbald, Mrs. Elizabeth (1753-1821), nee Simpson, was a novelist, dramatist, and actress. She is chiefly remembered for her two prose romances ‘A Simple Story’ (1791) and ‘Nature and Art’ (1796). Her most successful comedy was ‘I'll tell you what’ produced in 1785. She edited ‘The British Theatre’, a collection of old plays in 1806-9.

Bruki

PS: Es gab mal ein Spiel, in dem man über 4 Ecken alle Menschen auf der Welt miteinander in Beziehung setzen konnte... In irgendeinem Film spielten das die beiden Hauptdarsteller unentwegt miteinander (war einer der beiden John Travolta?), und brachten so die verschiedenen Filmschauspieler miteinander in eine Beziehung... Johanna spielt hier im Board in ihren Postings über Filmschauspieler sowas auch immer mit uns...

PPS: Hab heute den ganzen Tag rangeklotzt und den Rest der Übersetzung fertiggemacht... - Dafür ist die Serverumstellung gestern in die Hose gegangen... Licht und Schatten liegen immer dicht beieinander... -

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Julia
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Geschrieben Sonntag, September 25, 2005 @ 23:15:22  

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Erstellt von MierschB

Hallo, noch irgendjemand am Leben?

Ich hab auch mal eine kühne These anzubieten: "Jane Austen kennzeichnet in MP den Charakter einer Person durch die Art wie sie zu den familiären Bindungen steht."

Bruki

kühne these?? *gähn*

ich denke, dass tut sie in jedem buch. in dem sinne, dass die moral- und wertvorstellungen, zuneigungen und abneigungen gegenüber bestimmten personen, dingen und lebensweisen den charakter zeichnen, bzw. hinweise darauf sind, wie wir den charakter zu verstehen haben.

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"some wish, some prevailing wish is necessary to the animation of everybody's mind, and in gratifying it you'll leave them to form some other which will probably be not half so innocent." - jane austen

Hazel
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Geschrieben Montag, September 26, 2005 @ 09:46:14  

Bin leider am Wochenende nicht dazugekommen, weiter zu lesen. Wird aber selbstverständlich bis heute abend nachgeholt .

Es freut mich, dass sich fleissige Mitleser immer wieder melden . Zu der kühnen These, die Bruki gepostet hat, fällt mir gar nichts ein, ja ich verstehe sie nicht einmal ... also der Charakter einer Person - zu den familiären Beziehungen . Ich glaube, man muss die These auch nicht unbedingt verstehen, sondern man kann sich selber ein Bild machen.

Und zu den "dummen Zwergen": sind damit die Leser gemeint? Hoho, dann fühle ich mich aber angesprochen und bin sauer auf den Autor der Zeilen (der braucht sich nicht mehr bei mir blicken lassen, dieser Pope oder wer das war!)

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Was eine "Szene" ist, weiß ich, aber was ist eine "Austen"? Verfasser ist dem Benutzer bekannt

MierschB
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Geschrieben Montag, September 26, 2005 @ 11:47:26  

Quote:
@Julia: ... dass die moral- und wertvorstellungen, zuneigungen und abneigungen gegenüber bestimmten personen, dingen und lebensweisen den charakter zeichnen, bzw. hinweise darauf sind, wie wir den charakter zu verstehen haben.

Ja, das ist die allgemeine Regel - und in MP gilt die o.g. Spezialregel... Schaut euch mal Mary an und ihre Bindungen zu ihrem Bruder und zu ihrer Schwester, zu ihrem Onkel und ihre Tante... Da wird einem dann einiges klar über ihren Charakter...

Quote:
@Hazel: familiären Beziehungen

Ich meine "Bindungen"... Das bedeutet etwas anderes... und s.o.: Marys Bindungen an ihre Familie sagen etwas über ihren Charakter aus...

Quote:
@Hazel: Und zu den "dummen Zwergen": sind damit die Leser gemeint? Hoho, dann fühle ich mich aber angesprochen und bin sauer auf den Autor der Zeilen (der braucht sich nicht mehr bei mir blicken lassen, dieser Pope oder wer das war!)

Jetzt bin ich platt... Das Teil mit den Zwergen stammt aus deiner Feder... Soll heißen, das hast Du selbst übersetzt... Oder hast Du mittlerweile die Identität gewechselt?

Bruki

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Julia
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Geschrieben Montag, September 26, 2005 @ 14:33:44  

Quote:
Ja, das ist die allgemeine Regel - und in MP gilt die o.g. Spezialregel... Schaut euch mal Mary an und ihre Bindungen zu ihrem Bruder und zu ihrer Schwester, zu ihrem Onkel und ihre Tante... Da wird einem dann einiges klar über ihren Charakter...

nämlich??

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MierschB
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Geschrieben Montag, September 26, 2005 @ 17:10:22  

Hallo Julia,

ich will jetzt dem Groupread nicht vorgreifen, nur so viel: Mary ist eine zwiegespaltene Person, einerseits ist die hellwach und findig, und ist in jeder lustigen Runde sicher ein Zugewinn... Sie ist bei der Jagd auf einen potenten Ehemann kalt wie Charlotte Lucas (zuerst präferiert sie den älteren Bertram-Sohn, den Erben)... Und andererseits ist sie, anders als Charlotte Lucas, wirklicher Gefühle fähig, denn es besteht kein Zweifel, dass sie in Edmund richtig doll verliebt ist (wie umgekehrt er in sie unsterblich verliebt ist)... Sie ist darüber hinaus sehr loyal zu ihrem Bruder, den sie wirklich in allem (right or wrong) und bedingungslos unterstützt... Sie ist zwar nett zu Fanny, bemüht sich deren Freundin zu werden, aber das hat einen Hintergrund, der nicht sehr freundschaftlich ist - geschweige denn von Loyalität unter Geschlechtsgenossinnen zeugt... - Andererseits ist sie also ein echtes Rabenaas (dazu kommt später im Roman noch einiges zum Vorschein). Sie ist weniger loyal zu ihrer Schwester, und eine sehr illoyale Person, wenn es um ihren Onkel geht, den sie ziemlich früh im Roman gegenüber so lockeren Bekannten wie die Bertrams unnötigerweise anschwärzt (ob zu recht oder nicht sei mal dahingestellt)... Ein durch und durch zwiespältiger Charakter...

Bei Tante Norris kann man evtl. ein ähnliches Bild entwerfen: Einerseits ist sie es, die die Idee der Unterstützung der Fam. Price nach der langen Eiszeit zwischen den Schwestern initiiert (einschließlich der Vermutung aus dem ersten Kapitel, dass sie es war, die trotz des Streites den brieflichen Kontakt zur ihrer Schwester, Mrs. Price, nicht abreißen ließ), andererseits tut sie ihren von ihr verwöhnten Nichten (den Bertrams) mit ihren einseitigen Vorlieben keinen Gefallen... und wie sie mit Fanny umspringt, spottet ja wohl jeder Beschreibung...

Irgendwie kann man so alle Personen im Buch charakterisieren, wie sie zu ihren Familienbindungen stehen...

Wie denkst Du darüber?

Bruki

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Hazel
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Geschrieben Montag, September 26, 2005 @ 22:40:55  

Quote:
Erstellt von MierschB
Jetzt bin ich platt... Das Teil mit den Zwergen stammt aus deiner Feder... Soll heißen, das hast Du selbst übersetzt... Oder hast Du mittlerweile die Identität gewechselt? # Bruki

Nein, die Identität habe ich nicht gewechselt, aber ich habe tatsächlich selbst übersetzt, woher sollte ich auch die englische Version haben. Du fandest es beim Korrekturlesen wohl auch in Ordnung.
Ich muss noch dazu sagen, dass ich die Interpretationen von Ashton Dennis nicht so überzeugend fand, ich hab halt übersetzt, mich aber nicht damit identifiziert. (Das Original von A.D. ist leider nicht mehr abrufbar, sonst hätte ich noch mal nachgesehen; so ein einzelner, aus dem Zusammenhang herausgenommener Satz ist auch schwierig zu übersetzen bzw. zu verstehen.)

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Hazel
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Geschrieben Montag, September 26, 2005 @ 22:46:14  

Kapitel 13: Theaterleidenschaft breitet sich aus.
Kapitel 14 + 15: Die Rollen werden verteilt.

Das geplante Theaterstück "Liebesschwüre" wird in einem Kreuzworträtsel erfragt: weiß jemand den englischen Titel? Benjamin? Es soll 10 Buchstaben haben.

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Julia
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Geschrieben Dienstag, September 27, 2005 @ 00:49:23  

"Lover's Vows" heißt das Stück.

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MierschB
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Geschrieben Dienstag, September 27, 2005 @ 10:58:21  

Hallo Julia,

im Mai 1801 erwähnte Jane Austen im Postscript eines Briefes an Cassandra William Godwin...

The Pickfords are in Bath & have called here.—She is the most elegant looking Woman I have seen since I left Martha—He is as raffish in his appearance as I would wish every Disciple of Godwin to be.—We drink tea tonight with Mrs Busby.—I scandalized her Nephew cruelly; he has but three Children instead of Ten. ... (Brieftext)

Das bedeutet, Jane Austen (und auch Cassandra) kannten Godwin, und seine Werke wurden in der Austen-Familie diskutiert... Deirdre Le Faye merkt dazu in ihrer Brief-Sammlung an: William Godwin (1756-1836); JA was probably acquainted with his Caleb Williams (1794) and St Leon (1799).

Zwischen den Erscheinungsjahren der beiden Bücher war er mit Mary Wollstonecraft verheiratet, die ja 1797 im Kindbett starb... Interessant, nicht war? – Eine „liederliche Erscheinung“! Irgendwie sieht das wie ein Naserümpfen für mich aus... Klingt nicht sehr nach Zustimmung für den Radikalen Godwin...

Bruki

PS: Genau... Lover's Vows... Auf RoP gibt es eine Zusammenfassung des Inhalts des Stückes...

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Julia
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Geschrieben Dienstag, September 27, 2005 @ 11:20:52  

Was haltet ihr von Fannys vehementer Ablehnung, am Theaterstück teilzunehmen, sogar die allerkleinste Rolle zu übernehmen oder einen Teil vorzulesen?? Ist das wirklich "nur" Schüchternheit oder Respekt dem abwesenden Onkel gegenüber?
Immerhin ist sie ja interessiert daran, besucht die Proben, übt mit Mr. Rushworth usw. ...

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Benjamin
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Geschrieben Dienstag, September 27, 2005 @ 14:41:40  

Dass Fanny mit Mr. Rushworth und allen möglichen anderen Leuten probt, ist nur ihrer großen Menschenfreundlichkeit und Bescheidenheit zuzuschreiben. Außerdem ist sie wahnsinnig neugierig auf Edmund und Mary - dies mein privater Eindruck; das wird nachher ja nochmal angedeutet (hoffentlich denke ich dran, an passender Stelle den Kommentar zu plazieren...). In diesen Szenen wechselte mein Eindruck von Fanny mehrmals: Zum einen fand ich es ziemlich nervig, wie ruhig und bescheiden sie sich immer gibt (kann sie denn nicht einmal den Mund aufmachen???), zum anderen habe ich sie auch bemitleidet: Wem hätte sie sich anvertrauen können? Ihre Tante ist inkompetent wie ein Meter Feldweg, Edmund verliebt ohne Ende und alle anderen "erfreuen" sich nicht gerade ihres Vertrauens... und von ihnen kann sie auch nicht viel erwarten - man bedenke dieses furchtbare Gespräch mit Tom (Kap. 12)

Dann in Kapitel 14 ein Satz, der mich (obwohl Austen-erfahren, zumindest etwas ) sehr überrascht hat:

Quote:
Fanny looked on and listened, not unamused to observe the selfishness which, more or less disguised, seemed to govern them all, and wondering how it would end.

Da sitzt die gute Fanny, während sich die anderen fast zu Tode grämen, weil sie kein geeignetes Stück finden, und sie lacht sich einen ab (für ihre Verhältnisse ) - klasse gemacht!

In diesem Zusammenhang kommen auch die wahren Charaktere der Personen (dramatis personae = Die Personen des Dramas!!! - was für eine nette Parallele, die Miss Austen uns da aufdrängt) raus: Maria und Julia sind "in Wirklichkeit" ziemlich eitel und gefallsüchtig, obwohl alle sie als die netten Mädels von nebenan kennen.

So, genug gepostet - halt, noch eins:
Kap. 16: Fannys Rückzugsort, der East Room. Edmund kommt, um seinen Plan mit ihr zu besprechen, dass er, um Schlimmeres zu verhüten, die Rolle des Anhalt übernimmt. Sie lehnt das ab, kann ihn aber nicht umstimmen.
Geschickt eingefädelt, mein lieber Ede...

Benjamin

MierschB
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Geschrieben Dienstag, September 27, 2005 @ 18:18:09  

Hallo Benjamin,

wobei ich glaube, dass ihre Tante Bertram sie (beinahe) mehr liebt als ihre eigenen Töchter... Sie ist nur ein wenig schlafmützig und unbeholfen, so dass Fanny von dieser Liebe nicht viel hat... Dagegen ihre Tante Norris ist wie ein Stachel im Fleisch... Breita.... darf man ja nicht sagen, also setzen wir "Feldweg" an die Stelle...

Ich glaube, die Ablehnung der beiden (Fanny und Edmund) an der Theateraufführung teilzunehmen hängt nicht vorrangig mit ihrer Schüchternheit zusammen... Fanny fühlt das Unpassende an der Aufführung... denn eigentlich geht es ja nicht um die Aufführung eines Stückes, sondern um sie Außerkraftsetzung der moralischen und sittlichen Regeln (der Kater - Sir Thomas - ist aus dem Haus und die Mäuse (Crawford und Maria) tanzen auf dem Tisch herum)... Für Fanny sind die gesellschaftlichen Normen keine Lippenbekenntnisse, die man so mal einfach außer Kraft setzen kann... deswegen kann sie sich mit den Lustbarkeiten nicht anfreunden...

Jane Austen kannte wohl auch schon die unbezwingbaren Wirkungen des Gruppenzwangs: Edmund - der ja als Verliebter sowieso nicht voll zurechnungsfähig ist - erliegt dem, nach einigen Tricksereien seines Bruders (aber halb zog es ihn, halb sank er hin... würde ich sagen ) - und Fanny am Ende beinahe auch...

Könnte man diese Zeit in Mansfield Park mit dem "Sommernachtstraum" vergleichen? Wo die Paare außerhalb der Stadt und ihren Zwängen im Wald umeinandertanzen und alle Regeln außer Kraft gesetzt wurden? Alles ist möglich? - Bis Sir Thomas am Morgen als Theseus erscheint und alles wieder ins moralisch erlaubte Lot bringt...

Bruki

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Hazel
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Geschrieben Dienstag, September 27, 2005 @ 20:48:31  


Was Fanny Abneigung gegen das Mitspielen betrifft: ich hab bisher nur bis Kapitel 16 gelesen, und da steht, "sie fand es so schrecklich, Theater zu spielen".

Quote:
Bruki schrieb: Fanny fühlt das Unpassende an der Aufführung... denn eigentlich geht es ja nicht um die Aufführung eines Stückes, sondern um sie Außerkraftsetzung der moralischen und sittlichen Regeln

Ich glaube auch, dass Fanny das Unpassende an der Aufführung fühlte, aber was meinst du mit "Außerkraftsetzung der moralischen und sittlichen Regeln"? Meinst du nur Sir Thomas Abwesenheit, oder könnte auch der Inhalt des Stückes oder die Rollenverteilung Grund für Fanny´s Ablehnung sein.

Miss Crawford gibt schon seit einigen Kapiteln den Anschein, als würde sie sich gut in die Gruppe der Bertrams einfügen. Da führt uns Jane Austen mal wieder gekonnt in die falsche Richtung .

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Geschrieben Dienstag, September 27, 2005 @ 20:54:15  

Quote:
Erstellt von MierschB
Könnte man diese Zeit in Mansfield Park mit dem "Sommernachtstraum" vergleichen? Wo die Paare außerhalb der Stadt und ihren Zwängen im Wald umeinandertanzen und alle Regeln außer Kraft gesetzt wurden? Alles ist möglich? - Bis Sir Thomas am Morgen als Theseus erscheint und alles wieder ins moralisch erlaubte Lot bringt...
Bruki

Ist das Theaterspielen damals vielleicht mit unserem heutigen Fasching gleichzusetzen? Sich verkleiden, sich fallenlassen, unerkannt Dinge tun, die man sonst nicht tut?

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Julia
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Geschrieben Dienstag, September 27, 2005 @ 22:21:57  

Theaterspielen galt damals als höchst anstößig oder zumindest verdächtig modern. Es ging nicht nur um/gegen die Inhalte, sondern darum, dass man sich verstellt, etwas vorgibt bzw. Dinge unter diesem Deckmantel tut und sagt, die man sonst nicht tun würde.
Interessant finde ich deshalb, dass die Austens als Kinder und Jugendliche in Steventon selbst sehr viel Theater gespielt haben und Jane sogar einige Stücke dafür geschrieben hat.
Insofern ist das meiner Meinung nach mal wieder ein Anhaltspunkt dafür, dass Fanny aus der Sicht des Erzählers NICHT die moralische und tugendhafte Vorzeigefigur ist, bzw. dass Fannys Standpunkt nicht zwingend der des Erzählers ist.

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Lizzy
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Geschrieben Dienstag, September 27, 2005 @ 22:44:12  

Hallo,
ich gebe zu, ich lese MP nicht mit. Ich verfolge aber hier Eure Meinungen und finde die Diskussionen sehr interessant.
Ich sehe MP seit meiner Lektüre von Richard Jenkyns "A fine brush on ivory" anders und er vertritt die Meinung, dass es Jane Austens stärkstes Buch ist.
Ich habe mal versucht einige seiner Ideen/Auffassungen zu übersetzen um sie dann hier einzubringen.
So meint er z.B. dass MP nicht weit davon entfernt ist, ein perfekter Roman zu sein. Er bezeichnet ihn als Versuchsroman Jane Austens. Austen würde mit Anflügen von Symbolismus experimentieren und entwickelt einen neuen Sinn für die Bedeutung des Ortes (interessante These übrigens; achtet mal auf die "Einrichtung" von Fannys Zimmer). Sie traut sich mit MP einen sehr ungewöhnlichen Typ für eine Heldin zu erfinden.
Interessant fand ich auch, dass sie an den drei Schwestern Ward zeigt, wie ein Mensch/Frau sich durch die Ehe "entwickelt". Alle drei hätten andere Personen werden können.
Jenkyns ist aufgefallen, dass die erste ausführliche Äußerung von Mrs Norris länger ist als jede Rede Fannys im ganzen Roman; Mrs Norris ist diejenige, die als erstes im Roman spricht. Das zeigt ihre dominante Rolle im Roman. Außerdem erfahren wir niemals ihren Vornamen. Warum sollten wir auch? Sie hat niemanden, der sie liebt oder sich etwas aus ihr macht.
In dieser Art sind Jenkyns Gedanken und ich muss sagen, er hat sie durchaus logisch dargestellt. Ich bin noch nicht ganz durch mit dem Kapitel über MP. Ehrlich gesagt will ich auch nicht "alles" hier vorbringen, was er so geschrieben hat.

Und noch was zu Miss Crawford und ihre Ansichten über die Geistlichkeit. Ich bin mir nicht sicher, aber ich denke, es war in der damaligen Zeit für Frauen nicht gerade üblich sich über so ein Thema "öffentlich" zu äußern. Man kann das sicher sehen wie man will. Fortschrittlich oder "gegen die Konventionen verstoßend".

Dass Fanny gerne still in einer Ecke sitzt und die Menschen um sich herum beobachtet, erinnert an ihre Schöpferin.
Noch etwas: das mit dem Theaterspielen und Fanny. Fanny würde gerne ins Theater gehen, das steht mal irgendwo im Buch. Sie hat nichts gegen das Theater bzw. das Theaterspielen. Ich denke eher, es ist der Stoff, der ihr nicht gefällt und das zeigt wiederum ihre moralische Stärke und ihren Geschmack.

So, es ist spät am Abend und ich weiß gar nicht, ob das hier überhaupt jemanden interessiert .

Also dann, viele Grüße
Lizzy

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The more I see of the world, the more am I dissatisfied with it.
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Sonja
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Geschrieben Mittwoch, September 28, 2005 @ 07:40:58  

Doch, mich interessierts. Und vor allem kann ich seit langem hier mal wieder jemandem folgen (POPE? WOLLSTONECRAFT?) .

Zu Jenkyns: die These, dass MP ihr bester Roman ist mir neu; bisher hieß es überall, es sei Emma. Wobei ich sagen muss: egal was alle Literaturwissenschaftler dieser Welt sagen; am Besten unterhält mich P&P. Da ist es mir völlig egal, ob er vollkommen oder unvollkommen ist. Auch ist Fanny in ihrer moralischen Charakterbildung vollkommen... aber auch zum Gähnen langweilig. Mary hat da viel mehr Unterhaltungswert.

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"One half of the world
cannot understand the
pleasures of the other."

Jane Austen in "Emma"

MierschB
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Geschrieben Mittwoch, September 28, 2005 @ 08:43:49  

Hallo Lizzy,

das ist sehr interessant, was Du schreibst... Ist Richard Jenkyns Buch eine Biografie? Oder eher ein literaturwissenschaftliches Werk? Dass MP das beste (oder eines ihrer besten) Meisterwerk(e) sei, hab ich auch schon woanders gelesen... Ich glaube im Nachwort der Manesse-Ausgabe? Da wird, glaube ich, auch auf die Haus-Symbolik hingewiesen... Oder war's in einer den Biografien? - Doch ein Streit darüber, welches ihrer 6 genialen Werke besser oder schlechter sei, ist so als würde man darüber diskutieren, ob die rechte oder die linke Hälfte der Sonne heller strahlte... In dieser Frage muss sich wohl jede(r) auf den eigenen Geschmack verlassen und sich danach richten... und da wird jede(r) eine andere Antwort finden... bei mir, z.B., schwankt diese Skala ständig... Nachdem ich im Mai mit P&P fertig war, hielt ich dieses für das Beste - und nach MP im Sommer war ich derselben Ansicht wie Mr. Jenkyns... Und damals als ich Emma las, war das unbestritten ihr bestes Werk... Also, wie ihr seht, sogar in mir streiten sich die Geister...

Quote:
@Sonja: (POPE? WOLLSTONECRAFT?)

Ja, das ist alles etwas OT...

Pope war eine Anmerkung zum Posting von Hazel, mit dem darauf hingewiesen wurde, dass Jane Austen für intelligente Leser geschrieben hat - sie hat keine seichte Unterhaltungsliteratur verfasst, obwohl man ihre Werke vordergründig so lesen kann... Doch wenn man das tut, wird man unweigerlich von unserer spitzbübisch lächelnden Lady aufs Glatteis geführt und steht da wie der sprichwörtliche Esel (oder wie Pope dichtete wie "dull elves" )... - Und da Hazel als getreue Janeite ja KEIN "tumber Zwerg" ist, wie sie oft genug bewiesen hat, war der Rest der Postings zu diesem Thema eher eine scherzhafte Kabbelei unter gleichgesinnten... No offence meant! (Alexander Pope war übrigens auch ein Liebling Jane Austens.)

Ach ja, meine heißgeliebte Mary Wollstonecraft: Ich hatte angeboten einen eigenen Tread dazu anzulegen, aber der Diskussionsbedarf ist doch eher gering, hab ich den Eindruck... Und die Frage, ob Mary und Jane (Maryjane? hehehe) miteinander bekannt waren, hat jemand hier im Thread zum MP-Thema gehörend bezeichnet... Der Rest sind mehr oder weniger amüsante Anekdoten, die mir in den letzten Tage eher zufällig vor Augen kamen... - Wusstet ihr übrigens, dass Mary Wollstonecraft am Tag ihres Selbstmordes stundenlang durch den Londoner Regen gelaufen ist, damit sich ihre Kleidung mit Wasser vollsaugen konnte, bevor sie von der Londoner Brücke sprang? (Leider?) ging dieser Plan nicht auf und Seeleute fischten sie aus dem Wasser bevor sie untergehen konnte... Antonia S. Byatt spielt auf diese Episode in "Besessen" an... Was Mary Wollstonecraft an diesen Londoner Vormittag, als sie durch den Regen stapfte, wohl gedacht haben mag?

Und nun sag ich dazu nichts mehr...

Bruki

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MierschB
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Geschrieben Mittwoch, September 28, 2005 @ 09:25:08  

Quote:
Erstellt von Hazel
Ich glaube auch, dass Fanny das Unpassende an der Aufführung fühlte, aber was meinst du mit "Außerkraftsetzung der moralischen und sittlichen Regeln"? Meinst du nur Sir Thomas Abwesenheit, oder könnte auch der Inhalt des Stückes oder die Rollenverteilung Grund für Fanny´s Ablehnung sein.

Na ja, irgendwie ist doch die Rollenverteilung eine Art "Gleitmittel" um die Liebesbeziehungen in realiter in gang zu bringen... Und die sind ja wirklich skandalös... Einerseits haben wir da das Tripel Edmund-Mary-Fanny, andererseits Henry-Maria-Julia und zumindest beim zweiten ist die Beziehung, die Crawford mit der verlobten Maria eingeht, sehr ungehörig... Und dass das Stück dabei eine entscheidende Rolle spielt, wird aus der Handlung mehr als deutlich:

- ... Julia streitet sich mit ihrer Schwester Maria um die Rolle der Agatha, dabei wird Julia auch klar, das etwas Ungehöriges im Gange ist und sie reagiert trotzig wie ein Kind, zieht sich aber aus dem Geschehen zurück - wenn auch aus gekränktem Stolz ...

- ... Mary Crawford verspottet Rushworth und seine hilflose Eifersucht, als der die Umarmungen der beiden Ehebrecher in der Theaterprobe entdeckt... und indem sie Fanny erzählt, wie sie ihn aufs Glatteis führte ("Sie sieht wie eine Mutter aus." ), macht sie Fanny, deren Gedanken ich bei diesem Gespräch lieber nicht wissen will , zur Mitwisserin ...

- ... Sogar Edmund vermutet etwas in dieser Richtung, redet sich die Situation aber schön, indem er gegenüber Fanny behauptet, die Avancen Crawfords gegenüber Maria wären eigentlich auf Julia gemünzt... Er will eben von der Familie seiner geliebten Mary nur Gutes denken ...

- ... Und schlussendlich Mary Crawford benutzt ihre Rolle der Amelia ja ganz unverblümt um Edmund anzubaggern ("Wer von den Herren wird sich im mich verlieben?" ), dem sie deswegen auch nach allen Regeln der Verführungskunst den Gegenpart der Amelia, den Anhalt, aufzuschwatzen versucht ...

Bruki

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Hazel
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Geschrieben Mittwoch, September 28, 2005 @ 10:07:52  

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Erstellt von Julia
Theaterspielen galt damals als höchst anstößig oder zumindest verdächtig modern. Es ging nicht nur um/gegen die Inhalte, sondern darum, dass man sich verstellt, etwas vorgibt bzw. Dinge unter diesem Deckmantel tut und sagt, die man sonst nicht tun würde.

Dann wird das der Grund sein, warum Fanny nicht mitspielen wollte.

Quote:
Interessant finde ich deshalb, dass die Austens als Kinder und Jugendliche in Steventon selbst sehr viel Theater gespielt haben und Jane sogar einige Stücke dafür geschrieben hat.

Und das, obwohl der Vater Reverend war. Ich kann mir noch kein rechtes Bild von Jane Austen´s Vater machen. (Ich denke an die Brontes und ihren Vater, diese Unterschiede!)

Quote:
Insofern ist das meiner Meinung nach mal wieder ein Anhaltspunkt dafür, dass Fanny aus der Sicht des Erzählers NICHT die moralische und tugendhafte Vorzeigefigur ist, bzw. dass Fannys Standpunkt nicht zwingend der des Erzählers ist.

Aber der Erzähler muss Fanny ziemlich gut gekannt haben, also sind JA diese Gefühle nicht fremd gewesen. Ich frage mich, woher sie diese Gefühle kannte.

Hazel

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Was eine "Szene" ist, weiß ich, aber was ist eine "Austen"? Verfasser ist dem Benutzer bekannt

MierschB
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Geschrieben Mittwoch, September 28, 2005 @ 16:46:21  

Hallo Hazel,

ich glaube nicht, dass das Theaterspielen zu Jane Austens als "verdächtig" gegolten hat... Diese Verbote galten evtl. während der Cromwell-Diktatur, wo das Theater als unzüchtig von den Puritanern verboten wurde... In der Restauration brach danach ein regelrechtes Theaterfieber aus und erfasste auch die "breiten Bevölkerungsschichten" - man wurde regelrecht "vergnügungssüchtig"... (Ich habe gerade "Stage Beauty" gesehen, und da gibt es eine Szene, in der der König davon schwärmt, wie seine ganze Familie Haustheater gegeben hat... und NB, da hoppelt doch wirklich eine splitternackte ariensingende Frau am königlichen Hof vor dem versammelten Hofstaat durch ein Theaterstück... ) - Also, die waren schon mal nicht prüde damals... Das kann man auch alles gut beim alten Pepys nachlesen, wie kräftig damals Theater gespielt wurde...

Anrüchig wurde das Theaterspielen erst wieder NACH Jane Austens Zeit, als die Puritaner die Viktorianer moralisch "auf Vordermann" bringen wollten... Und Jane Austen war ja keine Viktorianerin, also warum sollte sie etwas, was sie und ihre Familie mit Begeisterung getan haben, in ihren Romanen als verwerflich denunzieren?

Ich denke, es geht bei dem Theaterstück nicht darum, dass ein Theaterstück ansich unmoralisch ist, sondern nur darum, dass es gerade in dieser besonderen Situation für die jungen Leute auf Mansfield Park nicht angebracht war, ein so frivoles Spiel zu treiben... Fanny ist keine puritanische Betschwester... Ich hab zwar das Zitat nicht bei der Hand, aber Fanny ist dem Tanzen (ich denke an den Einführungsball zu Ehren Fannys, aber der kommt erst später) und dem Theater nicht grundsätzlich abgeneigt (irgendwo heißt es von Fanny, sie wäre gerne einmal ins Theater gegangen)... Das sagt uns Jane Austen im Buch ausdrücklich...

Bruki

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Julia
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Geschrieben Mittwoch, September 28, 2005 @ 17:50:07  

@bruki: es gab aber schon einen sehr großen unterschied, zwischen dem was in eine königlichen und einem bürgerlichen haus passierte und angebracht war. der adel konnte sich alles erlauben, war über (fast) jedes urteil erhaben. in den bürgerlichen schichten war das aber um einiges anders. jane austen äußert sich ja z.B. auch mehrmals eher abwertend über den prince regent (der, dem sie auch emma widmen "musste" ), wegen dessen bekannt "lockerer" lebensweise.

@lizzy: das buch habe ich auch, ich finde jenkyns' ansätze auch sehr interessant!!

@hazel: das eine muss das andere ja nicht ausschließen. ich wollte ein beispiel für die ambivalenz des fanny-charakters bringen...

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Geschrieben Mittwoch, September 28, 2005 @ 19:02:18  

Quote:
Erstellt von Julia

@bruki: es gab aber schon einen sehr großen unterschied, zwischen dem was in eine königlichen und einem bürgerlichen haus passierte und angebracht war. der adel konnte sich alles erlauben, war über (fast) jedes urteil erhaben. in den bürgerlichen schichten war das aber um einiges anders. jane austen äußert sich ja z.B. auch mehrmals eher abwertend über den prince regent (der, dem sie auch emma widmen "musste" ), wegen dessen bekannt "lockerer" lebensweise.

Was willst Du damit sagen? Der Princeregent wurde schon von den "bürgerlichen Schichten" beurteilt und sein Tun und lassen bewertet... Oder nehmen wir mal Mary Wollstonecraft, die in der Jugend möglicherweise eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft pflegte, später öffentlich in "wilder Ehe" lebte, sich scheiden ließ und Godwin heiratete... Die war die Tochter eines kleinen Fabrikanten, der pleite gegangen war... - Oder Lady Hamilton, die eine steile Karriere machte (ich glaube, sie startete als Dienstmädchen...) - Ich glaube nicht, dass sich der Lebenswandel zwischen denen "ganz oben" und dem Mittelstand so sehr unterschied - jedenfalls nicht in den essentials... Dazu war die englische Gentry viel zu durchlässig für Aufsteiger... Das Königshaus und die Familien des hohen Adels waren wahrscheinlich in bestimmten Fragen außerhalb der "veröffentlichten" Kritik, aber sie waren schon Vorbilder für die mittlere und niedere Gentry - so oder so... Der König schwebte auch nicht über den Wassern... jedenfalls nicht in GB...

... na ja, ich komme vom Dorf, da heißt es: "Wie der Herr so's Gescherr!" - Von Königin Victoria sind keine Exzesse bekannt geworden... Und Cromwell war ein total humorloser Kopfabschneider und Rundkopf... Charles II wieder eher ein Partylöwe wie der Princeregent auch... Hm, das ist verwirrend, sollte es so sein, dass die Bürger jeden Tag in die Kirche gingen und sonntags zweimal, während die Adeligen Theater und Ballett feierten? Dabei hatten die Londoner Theater aber auch immer das Parkett und die paar Plätze in den Logen werden die Unkosten doch nicht gedeckt haben? Das waren doch durch und durch bürgerliche Veranstaltungen?...

Pepys war übrigens nicht adelig, sondern ein Bürger und leitender Angestellter der Admiralität...

Bruki

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Geschrieben Mittwoch, September 28, 2005 @ 20:22:53  

Quote:
Was willst Du damit sagen? Der Princeregent wurde schon von den "bürgerlichen Schichten" beurteilt und sein Tun und lassen bewertet...

ja, aber was konnte es ihm groß anhaben??
hab mich etwas missverständlich ausgedrückt. natürlich war es nicht hier "erlaubt" und da nicht. aber die konsequenzen waren andere (siehe mary wollestoncraft's unrühmliches ende) und somit auch die sozialen, familiären und gesellschaftlichen zwänge.

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Geschrieben Mittwoch, September 28, 2005 @ 22:25:53  

Quote:
Erstellt von Julia
... aber die konsequenzen waren andere (siehe mary wollestoncraft's unrühmliches ende) ...

Was verstehst Du unter "unrühmliches Ende"?

Bruki

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Geschrieben Donnerstag, September 29, 2005 @ 09:19:19  

ich meine, mehrere(?) selbsttötungsversuche, lassen nicht gerade darauf schließen dass alles im lot war, oder? also anscheinend trotz "freier" lebensweise und abstand von gesellschaftlichen zwängen und moralvorstellungen.
(sie madame bovary, anna karenina, virginia woolf, und und und)

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Geschrieben Donnerstag, September 29, 2005 @ 14:34:50  

Wenn die Diskussion um Mary Wollestonecraft noch weitergeht, wäre es sinnvoll, einen extra Thread zu eröffnen.

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Seiten 4 off 7 Seiten: 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7